„Onlinemedien genießen in der Öffentlichkeit hohe Aufmerksamkeit, sind aber noch wenig verbreitet.“

„Onlinemedien genießen in der Öffentlichkeit hohe Aufmerksamkeit, sind aber noch wenig verbreitet.“
Victoria Heath / Unsplash
28. Dezember 2021

Ob man es glaubt oder nicht: Als dieser einleitende Satz der ersten Ausgabe der ARD/ZDF-Onlinestudie formuliert wurde, war Mark Zuckerberg gerade mal dreizehn Jahre alt und Netflix wurde gegründet, um DVDs per Post zu verschicken. In diesem Jahr nun feiert die Studie ihr 25. Jubiläum und ist damit eine der ältesten kontinuierlichen Bevölkerungsstudien zur Internetnutzung überhaupt. Die Ergebnisse für 2021 zeigen, dass bei der Nutzung von Online-Medien vor allem Video- und Audioinhalte dominieren. Unter den Social-Media-Plattformen hat Facebook (nicht aber Meta) seine Vormachtstellung eingebüßt und der alte Messenger-Platzhirsch ist auch der neue.

14- bis 29-Jährige als Treiber der Entwicklung

Ein Vierteljahrhundert, in dem in Sachen Onlinemedien-Nutzung viel passiert ist. Gab es im Deutschland des Jahres 1997 lediglich 4,1 Millionen Internetnutzer:innen, was 6,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung entsprach, nutzen 2021 fast 67 Millionen das Internet. Wie sehr sich das Web durchgesetzt hat, belegen auch folgende Zahlen: Sagenhafte 100 Prozent der unter 50-Jährigen nutzen Online-Services und immerhin noch 77 Prozent der über 70-Jährigen. Das Internet ist erwachsen geworden.

Größere Altersunterschiede gibt es jedoch hinsichtlich der täglichen Dauer der Internetnutzung. Während diese über alle Befragten* hinweg bei 227 Minuten liegt, verbringen 14- bis 29-Jährige 419 Minuten– also fast sechseinhalb Stunden! – online.

Große Teile davon werden für den Konsum von Online-Medien genutzt: gut zwei Stunden (136 Minuten) in der Grundgesamtheit gegenüber viereinhalb Stunden (269 Minuten) bei den 14- bis 29-Jährigen und drei Stunden (178 Minuten) bei den 30- bis 49-Jährigen.

Gefragt sind dabei vor allem Video- (gesamt: 64 Minuten) und Audioinhalte (56 Minuten), während für den Konsum von Online-Texten nur durchschnittlich 20 Minuten aufgebracht werden.  Auch hier sind die 14- bis 29-Jährigen die Treiber der Entwicklung: 70 Prozent von ihnen schauen täglich Online-Videos, die durchschnittliche Dauer dafür beträgt bei ihnen 142 Minuten. Der Audiokonsum kommt in dieser Altersgruppe auf 105 Minuten, Online-Texte werden durchschnittlich 32 Minuten gelesen.

Streamingdienste und YouTube führend

Besonders beliebt in Sachen Videoinhalte sind dabei Streamingdienste wie Netflix und Amazon Prime Video, die von 42 Prozent täglich oder wöchentlich genutzt werden, unter den 14- bis 29-Jährigen sogar von 76 Prozent. Die Mediatheken der TV-Sender folgen mit 38 Prozent auf dem zweiten Platz. In der jungen Zielgruppe liegen „andere Videos auf YouTube“ mit 65 Prozent nah an den Streamingdiensten. Überhaupt dürfte die Google-Tochter insgesamt, zumindest aber bei den unter 30-Jährigen, die meistgenutzte Plattform von Videoinhalten sein: In der Studie wird zwischen TV-Sendungen auf YouTube (21 Prozent) und eben jenen „anderen Videos“ (34 Prozent) unterschieden. Aggregiert dürfte trotz einer größeren anzunehmenden Schnittmenge zumindest bei den 14- bis 29-Jährigen YouTube somit insgesamt noch vor Netflix & Co. liegen.

Unter den Streamingdiensten selbst ist Netflix mit 32 Prozent aller Befragten der am häufigsten mindestens wöchentlich genutzte Anbieter, vor Amazon Prime Video (18 Prozent) und Disney Plus (8 Prozent). Auch bei den unter 30-Jährigen ist Netflix mit 67 Prozent klarer Platzhirsch vor Amazon (31 Prozent) und Disney (20 Prozent).

Streaming dominiert auch im Audiobereich

Zwei Drittel aller Befragten hören täglich oder wöchentlich Audioinhalte im Internet, unter den 14- bis 29-Jährigen nahezu jeder und jede (98 Prozent). Besonders beliebt ist dabei Musik via Streamingdienste oder YouTube, doch auch das gute alte Radio hat mit dem Internet einen populären Verbreitungsweg gefunden. Unter den Streamingdiensten liegt wenig überraschend Spotify mit einer zumindest wöchentlichen Nutzung von 23 Prozent der Befragten vor Amazon Prime Music mit 14 Prozent ganz vorne in der Gunst der Hörenden. Auffällig ist, dass Spotify als einziger Musik-Streamingdienst Nutzungszuwächse verzeichnen kann, während die Konkurrenz an Reichweite verliert. Ein Grund hierfür dürfte darin liegen, dass Spotify verstärkt auch Podcasts und Hörbücher in sein Portfolio aufnimmt. Jede:r Sechste hört mindestens einmal pro Woche Podcasts, in der jungen Zielgruppe sogar ein Drittel aller Befragten.

Instagram läuft Facebook den Rang ab, Rising Star TikTok

Wer ist denn noch auf Facebook? Diese schon seit Jahren gefühlte Wahrheit findet langsam auch in der Realität ihre Entsprechung: Zwar ist der Social-Media-Dino 2021 noch knapp die am meisten „zumindest wöchentlich“ genutzte Social-Media-Anwendung (28 Prozent aller Befragten gegenüber 26 Prozent für Instagram). Allerdings hat die Foto-Sharing-Plattform ihrem Konkurrenten aus dem Hause Meta Platforms bei der täglichen Nutzung bereits überholt und kommt auf 18 Prozent, Facebook nur noch auf 15 Prozent.

Bei den unter 30-Jährigen landet Facebook in Sachen täglicher Nutzung sogar nur noch auf dem vierten Platz (17 Prozent). In dieser Gruppe spielt neben Instagram (55 Prozent) und Snapchat (28 Prozent) mittlerweile auch TikTok (19 Prozent) eine wichtigere Rolle. Den Aufstieg des chinesischen Netzwerks aus dem Hause ByteDance dokumentiert auch die ebenfalls kürzlich erschienene JIM-Studie 2021, die bereits zum 24. Mal den Medienumgang der 12- bis 19-Jährigen untersucht hat: Ihr zufolge nutzen in dieser Altersgruppe bereits 46 Prozent täglich oder mehrmals pro Woche den musical.ly-Nachfolger. Beliebter ist bei den Teenies nur noch Instagram mit 58 Prozent täglichen/mehrmals wöchentlichen Nutzer:innen. Snapchat folgt hier mit 42 Prozent auf Platz drei, Facebook mit 26 Prozent auf dem vierten Rang.

Nichts Neues bei den Messengern

Unter den Messengern ist und bleibt WhatsApp das Maß aller Dinge: 70 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren nutzen ihn täglich. Erst mit großem Abstand folgen Telegram, Signal und Threema, die auf maximal 3 Prozent tägliche Nutzung kommen. Insgesamt nutzen 71 Prozent der Befragten täglich Messenger-Dienste, bei den Jüngeren sind es 93 Prozent. Laut JIM-Studie nutzen 92 Prozent der 12- bis 19-Jährigen WhatsApp täglich oder mehrmals wöchentlich. Telegram mit 8 Prozent, Signal mit sechs Prozent und Threema mit vier Prozent werden in dieser Altersgruppe ebenfalls häufiger genutzt als in älteren Befragungsgruppen.

Die ARD/ZDF-Onlinestudie macht deutlich, welche Rolle das Internet und digitale Medien mittlerweile spielen. Zweieinhalb Jahrzehnte nach Erscheinen der ersten Untersuchung lohnt jedoch nicht nur ein Blick auf die aktuellen Zahlen. Gerade in der Rückschau wird der Bedeutungszuwachs eines Mediums, dessen Nutzung in seinen Anfangstagen zu fast drei Vierteln von Männern dominiert wurde und das „ein Medium der formal Hochgebildeten“ war, deutlich. Ein Blick in das Archiv birgt mit Sicherheit noch die eine oder andere interessante oder kuriose Anekdote aus den Kindertagen des Internets.

*Befragt wurden 2.001 Personen der deutschsprachigen Wohnbevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland

Titelbild: Victoria Heath auf Unsplash

Ein Beitrag von Daniel Kreuscher